Sonntag, 14. Juni 2015

Das Literatur - Paradoxon: Die Rezension vor der Rezension

Liebe BoXXerInnen,

nein, so geht das allemal nicht. Da wird für einen "niedrigschwelligen Eintritt" für das Lesen geworben und in diesem Zusammenhang werden BücherBoXXen aufgestellt und für heute ab 15:00 eine Lesung beworben.

Titel der Einladung:
“Manchmal dauert ein Weg ein Leben lang”
Vom Gulag nach Berlin


Die Autorin Lena Kelm stellt das Buch vor, das sie ihren Eltern gewidmet hat, um deren schwierige Lebenswege und ihre eigenen Erinnerungen miteinander zu verknüpfen.

Moderatorin:  Irene Aselmeier


Gut. Ich wollte mir das an-sehen  und an-hören. Ich "erdreistete" mich, bedauerlicher Weise, genau 5 Minuten vor 15.00 Uhr durch die geöffnete Tür des Bezirksamts Charlottenburg-Nord Entrée zu suchen und zu finden - und:  wurde schroff abgewiesen: "Es ist noch nicht geöffnet!" - Für einen Bruchteil  einer Sekunde prüfte ich mich ernsthaft, ob ich genealogisch gar unmittelbar von Jesus abstammte, denn auch der konnte über`s Wasser laufen. Warum ich nicht also auch durch verschlossene Glastüren?
Doch meine "Innere Stimme" gab kurz danach Entwarnung. "Nein, Du bist nicht Jesus Nachfolger! Stell Dir nur mal folgendes vor: Wenn Du es tatsächlich wärst, dann müsstest Du jeden zweiten Abend im Fernsehen auftreten. Anne Will Dich! Jauch bekübelt Dich! Gottschalk prüft en passant Deine Bibelfestigkeit und RTL widmet Dir gar eine Sondersendung. Conchita hängt sich an Deinen Zipfel (natürlich den vom Rock) und Frank Zander komponiert Dir spontan in 2 Stunden eine Single-CD, um kräftig mit abzusahnen. Arbeitstitel: Glasklar erleben! Ohne zu beben! Eben!" - Nein, das wollte ich mir denn dann partout nicht antun und blieb beim Titel eines "Bundesdurchschnittsbürgers" haften.

Also sei brav. Gegen 15:20 Uhr dann ein zweiter Anlauf. Na so was? Ach nee. Ein Cerberus, besser, eine Cerbera, fordert mich jetzt ostentativ auf, eine frische, leere vor sich ausgebreitete gar mehrspaltige Excel - Tabelle mit meinen Daten befüllen zu wollen. Da kommt bei mir allerdings wenig Freude auf - und ein abschliessendes, klares "Njet". Das "sei so üblich", und: "ob ich denn schon mal bei uns da war?" -  Nein, war ich nicht und alle Üblichkeiten des Lebens mache sich sowieso nicht mit. Wozu also dann bitteschön Name, Vorname, Adresse, Handy, e-mail und all die anderen Datenschätze hier hinterlasssen? Und dafür dann auch gerne noch eine Spende! Ja spinnen die denn?
Um einer Lesung beizuwohnen! Mit den Ohren! Wozu also diese Datensammelei? Darauf habe ich keinen Bock. Schon mal was von "Datensparsamkeit im Umgang mit Personendaten" gehört? Wozu benötigt das Bezirksamt diese Angaben? Oder wem gebe ich diese Daten eigentlich? Zur Gewissenserforschung? Werden die an 3-Buchstaben Behörden weiter gegeben? Plant man eine "Ansprache"?

Leute, das ist weder Nachhaltig, noch irgendwie intelligent. Schwellen aufbauen, über die man steigen muss, die bewirken nur das Gegenteil dessen, was man vorgibt zu beabsichtigen. So schafft man sich eben gerade kein Publikum. - Ausser: das ist vielleicht ja auch nicht wirklich beabsichtigt und das Kaffeekränzchen bleibt auf diese Weise unter sich. Gibt's dafür gar öffentliche Mittel?

Es ist schon eine bittere Ironie, dies in Beziehung zum Thema der Veranstaltung zu setzen. Sollte es vielleicht nicht doch besser heissen: Von Berlin in den (Daten-)Gulag?

Ich jedenfalls, ich drehte mich um und verschwand wieder im Berliner Dschungel. Einen zweiten Versuch wird es nicht geben.






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